Der Mangel an Fachkräften ist in Deutschland mittlerweile branchenübergreifend Realität und das Fehlen qualifizierter Arbeitskräfte wirkt sich als Bremse für die wirtschaftliche Entwicklung aus. Die wichtigste Ressource in Unternehmen sind nun mal die Menschen bzw. die Arbeitskräfte.
Um Lösungen für diese Situation zu entwickeln, ist es erforderlich aktiv gegenzusteuern, neue Wege der Rekrutierung zu erschließen und ungenutzte Potentiale zu heben. Die Integration von geflüchteten Menschen in den deutschen Arbeitsmarkt könnte ein solches Instrument sein.
Zwei Beispiele für erfolgreiche und aufeinander aufbauende Bildungskonzepte zur beruflichen Qualifizierung von Flüchtlingen in der Logistik sind die Kompetenzfeststellung „Logistik“ und die Ausbildung zum „P.O.W.E.R.logistiker“ bei ma-co (maritimes competenzcentrum), dem Bildungsträger für die deutschen Seehäfen, die (hafennahe) Logistik und die internationale Seeschifffahrt & Offshore.
Die „Kompetenzfeststellung Logistik“ hat das Ziel, geflüchteten Schutzsuchenden in 10 Tagen einen Überblick über die Aufgaben in der Logistik zu geben. Dabei können sie praxisnah Ihre Kompetenzen im Bereich Logistik präsentieren und sich als Logistikmitarbeiter ausprobieren.
Auch wenn die Teilnehmer in Deutschland noch keine Berufserfahrung vorzuweisen haben und ihre Sprachkenntnisse teilweise noch nicht ausreichend für den Arbeitseinstieg sind, können sie auf den ma-co Übungsanlagen erste Logistikerfahrungen sammeln. ma-co Trainer dolmetschen die Maßnahme in die Sprachen Arabisch, Dari / Farsi und Englisch, so dass alle Teilnehmer die Inhalte auch wirklich gut verstehen.
Die praktischen Aufgaben kommen alle aus dem Bereich Logistik und stellen einen Querschnitt der möglichen Themen aus dem Berufsalltag eines Logistikers dar:
Güter annehmen / Warenerfassung:
Aufnehmen einer Warenmenge und Dokumentation bzgl. Abmessung, Markeund Gewicht.
Güter kontrollieren:
Ware anhand von Begleitpapieren richtig annehmen und prüfen // Packstückeauspacken und auf Basis des Lieferscheins kontrollieren.
Güter einlagern:
Lagerplatz anhand von Lagerlisten ermitteln // Ware einlagern.
Güter kommissionieren:
Lagerplatz finden und vorgegebenen Artikel entnehmen // Auftrag abschließen und Ware in Tüten verpacken und beschriften.
Güter sortieren und zuordnen:
Ware nach eigenen Kriterien sortieren und Sortierkriterien erklären.
Güter richtig verpacken und packen:
Geeignete Kartonage und Packhilfsmittel aussuchen // Warenbegleitpapiere erstellen, Ware verpacken und markieren.
Güter transportieren – Flurförderzeuge bedienen:
Aufnehmen, Absetzen und Stapeln von Waren // Einsatz unterschiedlicher Geräte.
Inventur durchführen:
Inventurvorbereitung & Inventurlisten anhand von Waren ausfüllen // Zählen, Messen und Wiegen.
Verstehen mündlicher und schriftlicher Instruktionen:
Zählwaage nach mündlicher bzw. schriftlicher Instruktion selbständig nutzen.
Belastungsprobe:
Packen und Stapeln von Schwergut (u.a. Großpflaster und Säcke).
Alle Themen landen mit den Beurteilungen in einem Abschlusszertifikat der Handelskammer Hamburg, da die Ausführung der Aufgaben von einem Prüfer der Handelskammer bewertet und dokumentiert wird.
Parallel zum gewerblich-technischen Teil der Maßnahme, erhalten die Teilnehmer eine kompakte aber dennoch intensive Einführung in das Arbeitsleben Deutschland. Konkret geht es hier um die Anforderungen und die Rahmenbedingungen der Logistikbranche. Wir erklären u.a., warum Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit gerade in der Logistik so wichtig sind und wie die Schichtarbeit in Deutschland funktioniert.
Zudem werden gemeinsam mit jedem Teilnehmer im Rahmen eines Einzelcoachings aussagekräftige Bewerbungsunterlagen für seinen erfolgreichen Berufsstart erstellt. Die ma-co Trainer und Coaches geben den Teilnehmern in allen Phasen des Prozesses ehrliches Feedback auf Augenhöhe. Ziel ist es immer, den Schritt in das Logistikarbeitsleben für die Teilnehmer so einfach wie möglich zu gestalten und den Unternehmen die Möglichkeit zu eröffnen, auf Basis eines umfänglichen Kompetenzprofils, den Teilnehmer gut einschätzen zu können.
Am Ende der „Kompetenzfeststellung Logistik“ steht die Verweisberatung in Richtung Bundes-agentur für Arbeit & Jobcenter. Ziel ist es an dieser Stelle, die Kandidaten sinnvoll weiter zu begleiten bzw. zu vermitteln. Folgende Optionen sind denkbar:
- Start einer Ausbildung,
- Start eines ersten Logistik-Jobs,
- Start einer sinnvollen Anschlussqualifikation (bspw. „P.O.W.E.R.logistiker“), um fehlende Kompetenzen für den ersten Logistik-Job in Theorie und Praxis erlangen zu können.
Die Anschlussqualifikation „P.O.W.E.R.logistiker“ von ma-co bietet u.a. die Chance, nach Beendigung der „Kompetenzfeststellung Logistik“ eine ca. 5-monatige Qualifikation mit der anschließenden Arbeitsaufnahme in den Logistik-Job zu starten. ma-co vermittelt die Teilnehmer bereits vor dem Maßnahmestart in anschließende Arbeitsverträge. Die Qualifikation wird in enger Abstimmung mit den beteiligten Betrieben dual ausgeführt. ma-co Trainer qualifizieren in den ma-co Schulungsräumen, den Übungsanlagen und in den Betrieben direkt. Theorie und Praxis wird eng verzahnt, so dass die Teilnehmer nach gut 5 Monaten einen Arbeitsvertrag als Logistik-Allrounder erhalten.
Im „P.O.W.E.R.logistiker“ lernen die Teilnehmer alle Themen kennen, die für die gewerbliche Logistik relevant sind: Prozessverständnis Logistik inkl. Dokumentation, Staplerausbildung, Ladungssicherung, Gefahrgut, Hallenkran, Anschlagen von Lasten, Kommunikation, Erste Hilfe und betriebsspezifische Kompetenzen.
Für Teilnehmer mit Migrationshintergrund startet der Kurs mit einem zusätzlichen Sprachmodul mit dem Schwerpunkt „Deutsch in der Logistik“ zwei Wochen früher. Dieses Thema wird kursbegleitend weiter bearbeitet. In diesem Zuge setzen wir gern und erfolgreich das Wörterbuch „Lager und Logistik“ der Logistik-Initiative Hamburg ein.
Der Weg über die Kompetenzfeststellung und die anschließende Qualifikationen zum „P.O.W.E.R.logistiker“ ist ein Erfolgsmodell und bringt viele wertvolle Fachkräfte für die Logistikbetriebe der Metropolregion Hamburg hervor.
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