Mit dem „Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten für Lieferketten“ erhält Nachhaltigkeit in der Supply Chain ein rechtliches Fundament. Deutsche Unternehmen und ihre Zulieferer nimmt der Gesetzgeber dadurch bei der Achtung von Menschenrechten und Umweltthemen erstmals explizit in die Verantwortung. Es entstehen neue Aufgaben, die Führungskräfte so früh wie möglich auf ihre Agenda nehmen müssen.
Produkte, die auf dem deutschen Markt verkauft werden, sollen unter Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards entstehen. Das ist das Ziel des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG). Unternehmen ab einer Größe von 3.000 Mitarbeitenden im Inland sind ab Januar 2023 verpflichtet, menschenrechts- und umweltbezogene Risiken in ihrer Supply Chain durch die Umsetzung von Sorgfaltspflichten zu vermeiden. Das Gleiche gilt ab 2024 für Firmen ab 1.000 Beschäftigten. Betroffen sind entsprechende Organisationen mit Hauptverwaltung, Hauptniederlassung, Verwaltungssitz, satzungsmäßigem Sitz oder Zweigniederlassung in Deutschland.
Durch das LkSG entstehen zum ersten Mal verbindliche Regeln, die deutsche Unternehmen bei der Steuerung ihrer globalen Lieferketten hinsichtlich Umweltrisiken und Menschenrechten beachten müssen. Anders als beim „Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte“, dessen Vorgaben rein auf Freiwilligkeit basieren, drohen im Fall von Verstößen gegen das LkSG Bußgelder von bis zu zwei Prozent des Jahresumsatzes. Darüber hinaus können Firmen bis zu drei Jahre von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden.
Was verlangt das Lieferkettengesetz?
Um solche Strafen zu vermeiden, sind eine Reihe von Sorgfaltspflichten zu erfüllen. „Aus dem LkSG ergeben sich im Wesentlichen vier Aufgaben. Bezogen auf Umwelt und Menschenrechte müssen Unternehmen ein Risikomanagement aufsetzen, Risikoanalysen durchführen und einen Beschwerdemechanismus einrichten, der es Mitarbeitenden ermöglicht, Verstöße im Zusammenhang mit dem LkSG zu melden. Zweite Aufgabe ist die Erstellung einer Grundsatzerklärung, in der sich das Unternehmen zur Wahrung von Menschenrechten und Sicherheitsstandards entlang der Supply Chain bekennt. Dazu müssen Präventiv- und Abhilfemaßnahmen definiert werden, die sich zur Vermeidung der identifizierten Risiken in der Lieferkette eignen. Die vierte Aufgabe besteht darin, Fortschritte und Entwicklungen einmal jährlich zu reporten“, erläutert Frank Schünemann, Project Manager und Experte für Logistik und Supply Chain Management der Ingenics AG.
Ein Blick auf diese Pflichten zeigt, dass Nachhaltigkeit im Sinne des LkSG nicht länger am eigenen Werkstor endet. Unternehmen, die dem Gesetz gerecht werden wollen, müssen auch die Produktionsweisen und Beschaffungswege ihrer Lieferanten analysieren und in ihren Risikobewertungen berücksichtigen. Damit wird das LkSG auch für unmittelbare und (in begrenztem Maße) mittelbare Zulieferer relevant. Sie haben zwar keine Sanktionen zu fürchten, müssen aber die gesetzlich formulierten Anforderungen erfüllen, um weiter an Kunden liefern zu können.
Wie können Führungskräfte die LkSG-Forderungen umsetzen?
Im Umgang mit Menschenrechten und Umweltthemen verlangt das LkSG vorausschauendes Handeln. Dafür braucht es einen klaren Überblick über die komplette Lieferkette. „Diese Transparenz zu schaffen ist aufwendig, bringt aber auch handfeste Vorteile. Zum einen lassen sich Risiken, die sich negativ auf die eigene Versorgungssicherheit und das Image auswirken können, in einer transparenten Supply Chain wirksamer vermeiden. Zum anderen arbeitet die EU derzeit an einer vergleichbaren Gesetzgebung. Daher entsteht für deutsche Unternehmen, die bereits den Sorgfaltspflichten des LkSG nachkommen, in Zukunft womöglich ein Wettbewerbsvorteil“, erläutert Frank Schünemann. Umso wichtiger ist es, dass Führungskräfte sich möglichst früh mit den Vorgaben des LkSG befassen. Zumal der Gesetzgeber bis 2026 überprüfen will, was Unternehmen beim Schutz von Menschenrechten und Umwelt erreicht haben. Anhand dieser Überprüfung erfolgt die Entscheidung, ob das Gesetz auch auf kleinere Unternehmen ausgeweitet wird. „Empfehlenswert ist, sich zunächst einen Überblick über die Sorgfaltspflichten zu verschaffen und darauf aufbauend eine Roadmap mit Zielen, Maßnahmen, Verantwortlichkeiten und auditierten Risikoanalysen zu erstellen. Das ist die Basis, um die Forderungen schnell und zielgerichtet zu erfüllen“, so Frank Schünemann.
Was betroffene Unternehmen jetzt tun müssen
Basis und Ziele des Lieferkettengesetzes in Kürze
Das Lieferkettengesetz beruft sich auf internationale Abkommen, darunter die „Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte“ der Vereinten Nationen. Produkte, die in Deutschland vertrieben werden, sollen ohne Mitwirkung von Kinderarbeit, Sklaverei und Zwangsarbeit entstehen. Arbeitsschutz, angemessene Löhne, das Recht auf Mitarbeitervertretungen sowie der Zugang zu Wasser und Nahrung zählen ebenfalls zu den zentralen Themen, denen Unternehmen im Supply Chain Management Rechnung tragen sollen. Auch Umweltrisiken, die den Menschen betreffen (z. B. Grundwasserverunreinigungen), sind bei der Analyse der eigenen Lieferkette zu beachten.
Eine Übersicht zu den Inhalten des LkSG, zu Handlungsbedarfen für Unternehmen und zum Zeitrahmen finden Sie kompakt zusammengefasst in einem E-Paper der Ingenics AG.
Zum E-Paper „Lieferkettengesetz“
Diesen und weitere Artikel zum Lieferkettengesetz und Sustainable Supply Chains gibt es im Ingenics Magazine „Nachhaltige Unternehmensnetzwerke“.
Kontakt:
Frank Schünemann, Project Manager, Ingenics AG
Julian Kreiss, Project Consultant, Ingenics AG
Telefon: +49 731 93680 106
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