„Gemeinsam Transformation gestalten“ – unter diesem Motto versammelten sich Wissenschaft und Wirtschaft, um gemeinsam die Herausforderungen der Nachhaltigkeit anzugehen.
Bereits in ihrer Begrüßung hoben Prof. Dr. Hanno Friedrich und Prof. Dr. Dominik Kreß, als Leitungsteam des Hamburger Logistik Professorium, die Bedeutung der Nachhaltigkeit für die Logistikbranche hervor und betonten, wie essenziell es sei, dass Forschung und Praxis gemeinsam nach Lösungen suchen.
Den ersten Höhepunkt der Veranstaltung bildete die Keynote von Prof. Dr. Heike Flämig, Professorin für Transportketten und Logistik an der Technischen Universität Hamburg. Prof. Dr. Heike Flämig, die seit über 15 Jahren im Bereich nachhaltige Wirtschaftsforschung tätig ist, brachte auf der Veranstaltung ein zentrales Thema zur Sprache: Trotz des umfangreichen Wissens, das in dieser Zeit erarbeitet wurde, besteht nach wie vor eine deutliche Diskrepanz zwischen dem, was theoretisch bekannt ist, und dem tatsächlichen Handeln in der Praxis. Viele Unternehmen scheitern daran, Veränderungsprozesse erfolgreich umzusetzen, weil das übergeordnete Ziel aus den Augen verloren wird. Häufig wird es nicht in die Unternehmenskultur integriert, wodurch die nötige Verinnerlichung und das Verständnis für die Wichtigkeit von Nachhaltigkeit fehlen. Ohne eine tiefgehende Auseinandersetzung mit diesen Zielen verlieren die Umsetzungsprozesse an Fokus und kommen ins Stocken. Abschließend betont Frau Prof. Dr. Flämig, dass Systeme keineswegs starr sind – sie sind gestaltbar und veränderbar. Mit dem richtigen Ansatz, der Verinnerlichung nachhaltiger Ziele und einer konsequenten Umsetzung können Unternehmen die notwendigen Veränderungen herbeiführen und so ihren Beitrag zu einer nachhaltigeren Zukunft leisten. Dabei ist jedoch auch die Politik gefragt, die durch klare Rahmenbedingungen und unterstützende Maßnahmen einen entscheidenden Beitrag leisten muss, um den Wandel in den Unternehmen zu fördern und zu beschleunigen.
Ein weiteres Highlight der Veranstaltung war die Podiumsdiskussion zum Thema „Ladeinfrastruktur – Ist da, wo sie geplant wird, auch da, wo sie gebraucht wird?“. Den Auftakt bildete ein Impulsvortrag von Dr. Arne Schulz, Experte für Operations Management an der Universität Hamburg und Vertretungsprofessor an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg. Anschließend diskutierten unter der Moderation von Julian Kakarott, Geschäftsführer des Digital Hub Logistics & Commerce, ausgewiesene Fachleute über den Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge in der Logistik. Das hochkarätig besetzte Panel brachte verschiedene Perspektiven zusammen: Dr. Arne Schulz beleuchtete das Thema aus wissenschaftlicher Sicht, während Christian Schäfers, Geschäftsführer von Contargo Road Logistics Germany GmbH, praxisnahe Erfahrungen eines Logistikunternehmens teilte, das aktiv in den Aufbau und die Nutzung von Ladeinfrastruktur für seine E-Lkw-Flotte investiert. Marvin Coböken, Senior Project Manager E-Mobilität bei hySOLUTIONS GmbH, brachte die Expertise eines Unternehmens ein, das innovative Lösungen für die Elektromobilität entwickelt. Durch diese vielfältigen Sichtweisen entstand eine lebhafte und aufschlussreiche Debatte über die Herausforderungen und Potenziale der Ladeinfrastruktur in der Logistik. Die Panelteilnehmenden waren sich einig, dass die Politik eine zentrale Rolle spielt, wenn es darum geht, die notwendigen Rahmenbedingungen für den Ausbau der Ladeinfrastruktur zu schaffen. Besonders im Hinblick auf die Elektromobilität im Lkw-Verkehr zeigt sich, dass es für Unternehmen derzeit wirtschaftlich unattraktiv ist, öffentliche Ladesäulen zu nutzen. Die hohen Strompreise und die mangelnde Planbarkeit machen eine Umstellung auf E-Lkw ohne eigene Ladeinfrastruktur kaum möglich. Eine unternehmensinterne Ladeinfrastruktur bietet die notwendige Kontrolle über Kosten und Ladezeiten. Doch um diese zu realisieren, sind geeignete Flächen erforderlich – und genau hier liegt das Problem, denn geeignete Flächen sind oft rar und schwer zu finden. Ohne die Unterstützung der Politik beim Zugang zu solchen Flächen und dem Ausbau der Ladeinfrastruktur wird der Wandel zu einer nachhaltigeren Logistikbranche nur schwer zu bewerkstelligen sein. Dennoch zeigt sich ein positives Bild: Die Unternehmen sind gewillt, sich den Herausforderungen zu stellen und in die notwendige Infrastruktur zu investieren, um die Umstellung auf eine nachhaltigere Zukunft voranzutreiben.
Nach einer kurzen Pause, die bereits fleißig für den Austausch genutzt wurde, folgte ein spannender Impuls durch Herrn Dr. Finn Meissner, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Management Science und Operations Research an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, mit einem anschließenden kritischen Dialog gemeinsam mit Dr. Ulfia Clemen, Projektmanagerin Wissenschaft & Innovation bei der Logistik-Initiative Hamburg, zum Thema "Rebound - Gut gedacht aber gegenteiliger Effekt?". Obwohl das Thema in der Theorie und Wissenschaft bereits gut bekannt ist, scheint es für viele Unternehmen noch Neuland zu sein. Unternehmen investieren in nachhaltige Lösungen oder effizientere Prozesse, nur um festzustellen, dass diese Maßnahmen unter bestimmten Umständen zu einem erhöhten Ressourcenverbrauch oder unerwünschten Effekten führen können. Dies kann auf den ersten Blick demotivierend wirken, da es den Eindruck erweckt, dass selbst gut gemeinte Entscheidungen das Gegenteil bewirken könnten. Doch genau dieser Effekt soll keineswegs demotivieren, sondern vielmehr dazu anregen, sich seiner eigenen Handlungen bewusst zu werden und diese kontinuierlich zu hinterfragen, betonte Herr Dr. Finn Meissner. Es geht darum, die Maßnahmen immer wieder zu reflektieren und sich zu vergewissern, dass die getroffenen Entscheidungen tatsächlich die gewünschten langfristigen Ergebnisse liefern. Der Rebound-Effekt fordert dazu auf, bei der Umsetzung von Maßnahmen nicht nur auf die unmittelbaren Ergebnisse zu achten, sondern auch die langfristigen Konsequenzen und das große Ganze im Blick zu behalten.
Den Abschluss der Veranstaltung bildete eine fesselnde Endnote von Prof. Dr. Prisca Brosi, Associate Professor of Human Resource Management an der Kühne Logistics University, mit dem Titel „Partizipation & Nachhaltigkeit - Müssen zufriedene Lkw-Fahrende seltener tanken?“. In ihrem Vortrag stellte sie eine ihrer Studien vor, die eindrucksvoll aufzeigt, wie Emotionen das alltägliche Handeln von Lkw-Fahrenden beeinflussen können. Prof. Dr. Brosi erklärte, dass der Gemütszustand der Fahrerinnen und Fahrer eng mit ihrem Fahrverhalten verbunden ist – vom Treten des Gaspedals bis hin zu möglichen Unfällen. Ihre Forschung belegt, dass negative Emotionen, wie Stress, das Fahrverhalten der Lkw-Fahrer negativ beeinflussen und zu einem ineffizienteren Kraftstoffverbrauch führen können. Prof. Dr. Brosi schloss ihren Vortrag mit der klaren Botschaft, dass eine nachhaltige Veränderung im Transportwesen nicht nur durch technische Innovationen, sondern auch durch das Verständnis und die Unterstützung der Menschen, die diese Technologien täglich nutzen, erreicht werden kann. Nicht eine positive, sondern eine empathische Kommunikation und ein stimmiges Verhalten in der jeweiligen Situation sorgen dafür, dass sich der Fahrer verstanden fühlt, was wiederum zu einer Reduktion von Stress führt. Ihre Forschung unterstreicht die Wichtigkeit, den Menschen in den Mittelpunkt nachhaltiger Prozesse zu stellen. Im Rahmen der Veranstaltung wurde zudem der Young Professionals' Award Logistics verliehen. Dieser Preis zeichnet herausragende Leistungen junger Talente im Bereich Logistik aus und soll dazu beitragen, den Nachwuchs in der Branche zu fördern.
Die Veranstaltung "Logistik trifft Wissenschaft" bot den Teilnehmern eine Vielzahl an Informationen, Diskussionen und Networking-Möglichkeiten rund um das Thema Nachhaltigkeit in der Logistik. Ein besonderer Vorteil dieser Veranstaltung ist die Zusammenführung von Forschung und Wirtschaft in Hamburg. Durch den Austausch zwischen Wissenschaftlern und Unternehmen wird der Wissenstransfer gefördert und die Entwicklung innovativer Lösungen für die Logistikbranche vorangetrieben. Dies stärkt nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, sondern festigt auch die Position Hamburgs als führender Logistikstandort.
Ein herzlicher Dank gilt unseren vier Sponsoren: Kühne Logistics University, Brunsbüttelports GmbH, SRH University und ifb Hamburg, die durch ihre Unterstützung maßgeblich zum Erfolg dieser Veranstaltung beigetragen haben.
Bilder: © LIHH