Der Feldversuch eHighway-Schleswig-Holstein (FESH) zeigt, wie Schwerlastverkehr klimafreundlich und effizient gestaltet werden kann. Die Projektauswertung aus Betrieb und Forschung lieferte nun die finalen Erkenntnisse.
Von 2017 bis 2019 wurde auf der A1 zwischen Reinfeld und Lübeck eine fünf Kilometer lange Teststrecke für elektrisch angetriebene Oberleitungs-Lkw gebaut. Ende 2019 startete die die Betriebsphase mit der Übergabe des ersten Oberleitungs-LKW an die Spedition Bode. Aktuell sind zwölf verschiedenen Lkw, darunter seit 2023 ein vollelektrisches Modell für die Deutsche Post/DHL, erfolgreich im Einsatz. Jetzt, zum geplanten Projektende zum Jahreswechsel, stellt sich die spannende Frage:
Was haben wir gelernt?
- Es funktioniert! Die Oberleitungstechnologie für Lkw hat ihre Praxistauglichkeit bewiesen und überzeugt mit hoher Effizienz. Der Wirkungsgrad ist nicht nur gut, sondern lässt sich mit einer höheren Spannung von 700 V auf 1,5 kV DC noch weiter steigern. Auch im Technologievergleich des Fraunhofer ISI schneidet der elektrisch fahrende Oberleitungs-Lkw gesamtökologisch am besten ab, da er unter anderem deutlich kleinere Batterien benötigt.
- Klimaschutz inklusive. Die Dieselverbräuche und CO₂-Emissionen der eingesetzten Prototypen konnten drastisch reduziert werden, denn wenn der Oberleitungs-Hybrid-Lkw mit elektrischem Antrieb fährt, hat er bereits bei Nutzung des aktuellen Strommixes rund 50% geringere Treibhausgasemissionen als ein Diesel-Lkw. Mit 100 % erneuerbarer Energie fährt der vollelektrische Oberleitungs-Lkw sogar CO₂-neutral.
- Ein Gewinn für die Logistik. Das dynamische Laden hält die Prozesse der Speditionen schlank – teure Depotladepunkte? Nicht nötig. Nach anfänglichen Schwierigkeiten konnten fahrzeugseitig gute Fortschritte erzielt werden. Die Oberleitungs-Hybrid-Lkw beziehen mittlerweile bis zu 400 kW aus der Oberleitung und können mit der hier geladenen Energie noch etwa die doppelte Strecke fahren.
- Ein smarter Ausbau. Nur 30–40 % der Autobahnabschnitte müssten somit elektrifiziert werden, da die Lkw auch nach Verlassen der Oberleitungstrecken elektrisch weiterfahren können.
- Sicher und zuverlässig. Der Betrieb verlief reibungslos, weder die Verkehrssicherheit noch die Arbeit von Einsatzkräfte wurden durch die Oberleitungen beeinträchtigt. Zusätzliche verkehrstechnische und -psychologische Bewertungen widerlegten jegliche Befürchtungen zu negativen Einflüssen.
Einen Schritt weiter denken
Die erprobte Technologie punktet nicht nur bei der Klimabilanz, sondern auch bei der Energieinfrastruktur. Durch das dynamische Laden während der Fahrt wird der Strombedarf gleichmäßig verteilt – das entlastet Netze und spart Kosten für teuren Netzausbau. Zusätzlich können überschüssige erneuerbare Energien, zum Beispiel aus Photovoltaik, direkt genutzt werden. „Die hohe erwiesene Effizienz ist ein großer Vorteil der Oberleitungs-Technologie. Im Bereich der Verbrenner optimieren wir seit Jahrzehnten den Verbrauch und kämpfen dabei um jedes Prozent – weil es sich lohnt“, betont Jan Bachmann, Projektleiter eHighway Schleswig-Holstein.
Ein Modell für Europa?
Das Interesse an dieser Treibhausgas reduzierenden Technologie ist groß: Länder wie Dänemark, Schweden, Österreich und Frankreich beobachten die Entwicklungen genau. Die Niederlande haben sogar bereits konkrete Pläne für zwei Strecken vorgelegt. In Deutschland ist derweil die Entscheidung über den weiteren Ausbau noch offen. Das Projektteam hat gezeigt: Der eHighway kann eine Schlüsselrolle bei der schnellen Dekarbonisierung des Schwerlastverkehrs spielen. Nun bedarf es Entscheidungen der Politik um den Weg für die nächsten Schritte zu bereiten.